Der gemeinnützige Verein Wohngemeinschaften ist 1973 von in der Praxis stehenden Sozialarbeiter*innen, Päd­agog*innen und in der Heimkampagne gegen große Erziehungs­anstalten aktiven Student*innen gegründet worden. In der Folge hat er sich als Mitglied dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrts­verband angeschlossen.

Die Gründungsgeschichte von Wohngemeinschaften e.V. ging mit einem konzeptio­nel­len Umdenken der Erziehungshilfe einher – weg von der damals vorherr­schenden „Heimer­ziehung“ in Großeinrichtungen, hin zu einer „familien­ähn­lichen Erziehung“ in überschau­baren und in die Stadtteile integrierten Wohn­gruppen. 

Der Verein Wohngemeinschaften sieht es als seine Aufgabe an, Familien unter­stützende erzieherische Hilfen anzubieten, in denen die Sorgeberechtigten aus unterschiedlichen Gründen (wie Trennung, Armut, psychische Erkrankung oder Suchtproblematik) mit ihren Erziehungsaufgaben überfordert sind.

Der Charakter eines Vereins ist lebendig geblieben: Es wird ein familiäres Miteinander gepflegt, alle unterstützen sich nach Kräften gegenseitig, man trifft sich zu festlichen Anlässen (Sommerfest, Weihnachtsfeier). Die Identifikation mit der Gemeinschaft ist hoch, da sich alle an wichtigen Entscheidungen beteiligen können und mit ihren Interessen gesehen werden. Unterschiede werden beachtet und geschätzt: Es gilt die Regel: „Wir möchten, dass es gerecht zugeht - deshalb behandeln wir nicht alle gleich!“

Der Anspruch der Partizipation bezieht sich nicht nur auf die Mitarbeiter*innen und die Familien. Die Kinder und Jugendlichen in den Wohngruppen finden in Hausversammlungen und durch die Wahl von Gruppensprecher*innen die Gelegenheit, ihren Anliegen Gehör zu verschaffen, damit ein Zusammenleben „auf Augenhöhe“ gelingt. Sie werden ausdrücklich und ausführlich auf ihre Rechte hingewiesen.

In allen Bereichen, in denen erzieherische Hilfen geleistet werden, ergreift Wohngemein­schaften e.V. Partei für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene.

Etliche Kinder und Jugendliche kommen vor dem Hintergrund einer belasteten Herkunft mit seelischen Verletzungen zu uns, manche haben seelische und körperliche Gewalt erfahren müssen. Diese Verletzungen äußern sich in vielfältigen Formen von Entwicklungs- und Verhaltensauffällig­kei­ten wie der Verweigerung des Schulbesuches, aggressiven Gefühlen und Taten gegen sich und andere, Entwicklungsverzögerungen, psychischen Erkrankungen. Diese Auffälligkeiten sehen wir nicht als individuelle Schwächen, wir begegnen ihnen konstruktiv, indem wir sie als Ausdruck einer verletzten Seele betrachten. Wir betonen nicht die Defizite, wir begeben uns gemeinsam auf die Suche nach den Ressourcen.

Der Vorstand legt Wert darauf, dass die Mitarbeiter*innen trotz der fortschreitenden Ökono­mi­sierung sozialer Arbeit tragfähige Vertrauensverhältnisse zu den Kindern und Jugendlichen aufbauen können. Nur auf Basis gegenseitigen Vertrauens können sie sich partnerschaftlich mit den Kindern und Jugendlichen für eine Verbesserung der konkreten belastenden Situationen und Verhält­nisse einsetzen.

Die Haltung der Mitarbeiter*innen des Vereins Wohngemeinschaften zeichnet sich durch wertschätzende, authentische und empathische Interaktion aus. Ein grenzachtendes und respektvolles Miteinander mit den Kindern und Jugendlichen zu pflegen und ihren Schutz in Gruppensituationen und im Einzelkontakt sicherzustellen, gehört zum Selbstverständnis unserer professionellen Arbeit. 

Großen Wert legt Wohngemeinschaften darauf, dass alle Mitarbeiter*innen regelmäßig und anlassbedingt an internen und externen Fortbildungen teilnehmen, um flexibel auf neue Anforderungen der Erziehungstätigkeit reagieren zu können.

Der Vorstand unterstützt alle Aktivitäten der Mitarbeiter*innen, die der Bildung der Kinder und Jugendlichen dienen. Dabei sind mit dem Begriff der Bildung nicht nur gute Schulnoten gemeint, er wird in einem umfassenderen Sinn verstanden. Für die Kinder und Jugendlichen kann bedeutsam werden, einen Blick über den Tellerrand der eigenen Lebensbedingungen hinaus in „die Welt da draußen“ zu werfen, Neues zu erfahren, zu verstehen und in Verbindung mit den eigenen Erfahrungen zu stellen. Für diese Form von Bildung braucht es anregungsreiche Umgebungen und Mitarbeiter*innen, die bereit und fähig sind, sich mit den Kindern und Jugendlichen über Geschehnisse aus Politik, Geschichte, Sport, Kultur u.a.  interessiert und kenntnisreich zu unterhalten. Viele Gespräche über „die Welt“ führen zurück zur Auseinandersetzung mit dem eigenen Leben, eigenen Anschauungen, Wünschen und Bedürfnissen. Konkret bedeutet dies, dass der Vorstand alle Wünsche zur Verwendung von Spenden, die eine Teilnahme an sozialer und kultureller Bildung ermöglichen, wohlwollend und großzügig unterstützt.

Der Verein Wohngemeinschaften will im Konzert der erzieherischen Hilfen weiterhin einen eigenständigen Beitrag leisten. Die Einrichtung ist groß genug, um ein umfangreiches Angebot an erzieherischen Hilfen gewähren zu können, aber so klein und überschaubar, dass ein Austausch aller Mitarbeitenden möglich ist. Die Wege sind kurz, die Hierarchien so flach wie möglich gehalten.

Vorstand und Mitglieder von Wohngemeinschaften e.V. zeigen sich offen für neue Entwicklungen der sozialen Arbeit und entfalten die angebotenen Hilfen weiter, wobei sie flexibel auf neue Bedarfe reagieren. Dabei werden die Mitarbeiter*innen in allen wichtigen Belangen beteiligt einschließlich ihrer Interessenvertretung (Betriebsrat). Dies findet in strukturierten Settings wie großen Dienstbesprechungen, Leitungsrunden und einer „Zukunftswerkstatt“ statt, der Vorstand dient – vermittelt durch die Geschäftsführung - als Ansprechpartner und Impulsgeber für die Entwicklung neuer Ideen und Konzepte.

Der Verein Wohngemeinschaften ist in konstruktiver Zusammenarbeit mit anderen Anbietern erzieherischer Hilfen vernetzt. Die Bedarfe an Hilfsangeboten sind in der Großstadt Bielefeld und ihrer Umgebung vielschichtig bis komplex. Wohngemeinschaften e.V. sieht sich als Teil der Lösung, dieser Herausforderung in gemeinsamer Absprache und Verantwortung zu begegnen.